Die obsolete Stadt

Im Gespräch mit Constantin Alexander, Leuphana Universität Lüneburg

Constantin Alexander forscht in Lüneburg unter anderem zum Einfluss von Megatrends und Disruptionen auf urbane Strukturen. Nachdem ich ihn im Juni auf der re:publica in Berlin getroffen hatte, wo er einen Vortrag zum Thema hielt, verabredeten wir eine Folge für den Podcast „Smart and the City“. Here weg go.

Geplante Obsoleszenz

Man darf heute davon ausgehen, so Constantin Alexander, dass zunehmend Flächen innerhalb der Stadt, auch innerhalb von Innenstadtlagen, absichtlich leer gelassen werden und infolgedessen verfallen. Ein Prozess, der zunehmend die Nutzbarkeit von Flächen und schließlich ganzer Bereiche von Innenstädten verhindert.

Aktuelle Megatrends

Städte haben sich heute zum Teil völlig anderen Problemen zu stellen als noch in früheren Dekaden. So ist zunächst die vielbesungene Digitalisierung zu nennen, die insbesondere dem Einzelhandel zu schaffen macht. Es wird deutlich, dass Monostrukturen nicht mehr funktionieren, Handelsketten sich neu ausrichten, Corona das Ladensterben beschleunigt hat und dann sind da noch Inflation, der krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden Energie- und Logistikprobleme … Der Krisen sehen wir viele.

Wo stehen die Städte morgen?

Constantin Alexander ist überzeugt, dass Städte mehr Funktionalitäten brauchen. Es gilt einen Mix aus Wohnen, Handwerk, Gastronomie, Shoppingmöglichkeiten und Aufenthaltsqualitäten zu schaffen. Gefragt sind Orte des Austausches.

Die Superposition

Der Klimawandel ist das Topthema – auch für die Stadtentwicklung und zukünftigen Städtebau. Innerstädtische Hitzeinseln gilt es auszumachen und der Trockenheit zu begegnen. Dies wird nach Constantin Alexander nicht ohne „grüne und blaue Infrastruktur“ zu meistern sein. Folglich ist an Stadtbegrünung zu arbeiten und an Wasserzonen – wie immer diese auch im einzelnen Fall aussehen mögen.

Der vergessene Megatrend…

… heißt demografischer Wandel. Es werde noch zu wenig an den zu erwartenden Auswirkungen dieses Wandels gearbeitet. Was wird aus den großen Büroflächen, die zukünftig kaum noch in dieser Ausprägung gebraucht werden? Können diese in barrierefreien Wohnraum umgewandelt werden? Wie steht es dann um die Lebensqualität im innerstädtischen Bereich? Hier zeichnet sich das nächste Problem ab: Die Ästhetik der Innenstädte.

Städte an sich neu denken

Am Beispiel der Stadt Paris lässt sich möglicherweise lernen, wie Stadt zukünftig funktionieren kann. Dort beginnt man die „15 Minuten Stadt“ umzusetzen. Das heißt: Alle lebensnotwendigen Faktoren und Bereiche müssen innerhalb von 15 Minuten zu erreichen sein – ohne Auto. Es geht darum eine resiliente Innenstadt zu formen, Reallabore zuzulassen, Zwischennutzungen zu ermöglichen, energieneutrale Quartiere und mehr Möglichkeiten für Experimente zu schaffen.

Spannend, informativ, mit Weitblick.

Weitere Info
www.re-publica.com/de/user/12109

Fotocredit: Clemens Brück